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Gesetzentwurf Faire Verbraucherverträge

(vom 20.04.2020)

Einen faireren Vertragsschluss für Verbraucher und fairere Vertragsinhalte beabsichtigt der Gesetzgeber mit dem seit dem 24. Januar 2020 als Referentenentwurf vorliegenden neuen Gesetz für faire Verbraucherverträge.

Handlungsbedarf sieht der Gesetzgeber u. a. bei der unerlaubten Telefonwerbung, telefonisch geschlossenen Energielieferverträgen und der Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen, zu denen auch die Versorgungsverträge gehören.

Änderung bei der Laufzeit von Versorgungsverträgen

So will der Gesetzgeber u. a. die Laufzeit von Versorgungsverträgen von jetzt „zwei Jahren“ auf dann „ein Jahr“ begrenzen. Zudem soll sich der Vertrag automatisch nur noch um maximal „drei Monate“ verlängern, statt wie bislang um „ein Jahr“. Ebenfalls soll die Kündigungsfrist verkürzt werden. Statt wie bislang „drei Monate“ soll es dann nur noch maximal „ein Monat“ sein.

Der Gesetzgeber erhofft sich dadurch mehr Wettbewerb. In vielen Bereichen, in denen unbefristete Verträge früher üblich gewesen seien, werden heute Verbrauchern zu guten Konditionen oft nur noch Verträge mit zweijähriger Laufzeit angeboten, die sich automatisch verlängern. Dies sei nicht mehr sachgerecht, bemängelt der Gesetzgeber.

Die Förderung des Wettbewerbs ist sicherlich ein wichtiges Ziel. Wettbewerb führt zu günstigeren Preisen für Verbraucher, wie dies auch seit 1998 auf dem Energiemarkt in Deutschland zu beobachten war. Verfehlt ist es die bislang geltenden Regelungen zur Vertragslaufzeit, -verlängerung und Kündigungsfrist als Wettbewerbshemmnis und nicht interessengerecht auszumachen. Gute Konditionen in Form von guten Preisen brauchen verlässliche Daten, mit denen der Lieferant seinen Einkauf planen kann. Kürzere Vertragslaufzeiten und -verlängerungen sowie kürzere Kündigungsfristen bedeuten weniger Verlässlichkeit und dürften damit zu höheren Preisen führen. Damit wäre keinem Verbraucher gedient.

Unlautere Telefonwerbung

Auch will der Gesetzgeber mit mehreren Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erreichen, dass unerlaubte Telefonwerbung zukünftig unterbleibt. Es soll eine Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht für die Einwilligung des Verbrauchers in die Telefonwerbung eingeführt werden. Verstöße dagegen sollen mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden.

Inwieweit diese Regelungen tatsächlich zu einer Eindämmung der unerlaubten Telefonwerbung führen, bleibt abzuwarten. Die Bundesnetzagentur hat bislang nur wenig und zögerlich das ihr bei unerlaubter Telefonwerbung zustehenden Instrument Gebrauch gemacht. Dies muss sich ändern, damit sich etwas ändert.

Telefonisch geschlossene Energielieferverträge nur noch mit „Genehmigung“

Zudem ist ein im Rahmen einer Telefonwerbung geschlossener Strom- und/oder Gasliefervertrag zukünftig nur wirksam, wenn der Verbraucher diesen „genehmigt“. Die Genehmigung hat in Textform zu erfolgen und nachdem der Unternehmen dem Verbraucher den Inhalt des Vertrages auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Genehmigt der Verbraucher den Vertrag nicht, so steht dem Unternehmer kein Anspruch auf Wertersatz zu. Fordert der Unternehmer den Verbraucher zur Genehmigung des Vertrages auf, so gilt die Genehmigung als verweigert, wenn der Verbraucher sie nicht bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt hat.

Dem Juristen sind diese Formulierungen wohl bekannt. So hängt auch die Wirksamkeit eines Vertrages, den ein Minderjähriger zwischen seinem 7. und 18. Geburtstag ohne die erforderliche vorherige Einwilligung seiner Eltern schließt, von deren nachträglicher Genehmigung ab (§ 108 BGB). Gleiches gilt, wenn jemand ohne Vollmacht im Namen eines anderen einen Vertrag schließt. Auch hier hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung des Vertretenen ab (§ 177 BGB). Und auch ein Vertrag, den ein Ehegatte ohne die erforderliche Einwilligung des anderen Ehegatten schließt, ist nur bei Genehmigung des anderen Ehegatten wirksam (§ 1366 BGB). Nun ist den genannten Fallkonstellationen erkennbar gemeinsam, dass der Vertragsschließende nicht personenidentisch mit dem Genehmigenden ist. Im Fall des telefonischen Abschlusses eines Strom- und/oder Gasliefervertrages wird dies nunmehr anders sein. Der Verbraucher soll seinen in eigener Person geschlossenen Vertrag nach Aufforderung durch den Lieferanten selbst genehmigen. Die Schutzmaßnahme des Gesetzgebers artet damit zu einer Art „beschränkten Geschäftsfähigkeit“ des Verbrauchers beim Abschluss von Strom- und/oder Gasliefervertrages per Telefon aus. Der mündige Verbraucher gehört damit endgültig der Vergangenheit an.

Folgen / Aufwand

Sollte der Gesetzesentwurf in der jetzt vorliegenden Fassung verabschiedet werden, ergibt sich bei den Versorgungsverträgen ein Anpassungsbedarf. Das Gesetz soll am 1. Tag des neuen Quartals nach Verkündung in Kraft treten und für alle nach diesem Datum geschlossenen Verträge gelten. Abhängig von dem Verkündungsdatum muss der Anpassungsbedarf daher im schlimmsten Fall sofort bzw. in wenigen Tagen geleistet werden. Anzupassen ist auch der Vertragsschluss für telefonisch geschlossene Strom- und/oder Gaslieferverträge, sofern diese Art des Vertragsschlusses vom Lieferanten praktiziert wird. Zu organisieren sind die Dokumentation und Aufbewahrung der Einwilligungserklärungen der Verbraucher, die den Werbeanruf erlaubt.

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