COVID-19-Pandemie: Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen

(vom 25.03.2020)

Zum 01. April 2020 soll das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie in Kraft treten. Danach erhalten Verbraucher und Kleinstunternehmen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten kommen, das Recht, ihre Abschlagszahlungen auf Strom, Gas, Wasser und Telekommunikation vollständig zurückzubehalten. Den Stadtwerken drohen damit Liquiditätsverluste, möglicherweise auch endgültige Einnahmeausfälle über mindestens drei Monate.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie erfasst Verbraucher und Kleinstunternehmen als schutzbedürftige Kunden. Kleinstunternehmen sind Betriebe mit maximal 9 Mitarbeitern und bis zu 2 Mio. € Jahresumsatz. Dazu zählen u. a. Freizeit- und Kultureinrichtungen, Gastronomiebetriebe, Einzelhandelsgeschäfte, aber auch Handwerksbetriebe. Hieraus wird deutlich, dass nicht an den Kreis der grundversorgungsberechtigen Haushaltskunden im Sinne des EnWG anknüpft. Insbesondere gibt es bei den Kleinstunternehmen keine Beschränkung auf den Jahresverbrauch. Es ist also durchaus möglich, dass auch RLM-Kunden zum Kreis der Schutzbedürftigen zählen.

Verbraucher und Kleinstunternehmer erhalten das Recht, hinsichtlich der Abschlagszahlungen auf Strom-, Gas- und Wasserlieferungen sowie Telekommunikationsleistungen vollständig zurückzubehalten, wenn sie aufgrund von Entlassungen oder Betriebsschließung die Abschläge nicht mehr bedienen können. Das Zurückbehaltungsrecht kann einseitig geltend gemacht werden. Auf eine Reduzierung der Abschläge muss sich der Kunde nicht einlassen; sie kann aber vertraglich vereinbart werden. Mit der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts begeht der Kunde keine Vertragsverletzung. Deshalb kann sich das Versorgungsunternehmen nicht mit einem eigenen Zurückbehaltungsrecht, also der Sperrung, wehren. Der Sinn der Neuregelung besteht gerade darin, dass die Leistungen der Daseinsvorsorge in Zeiten der COVID-19-Pandemie aufrecht erhalten werden, auch wenn das Versorgungsunternehmen vorläufig kein Geld für seine Leistungen erhält.

Die Stadtwerke dürfen das Zurückbehaltungsrecht der Kunden nur ablehnen, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts durch den Kunden für sie unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit wird aber nicht im Verhältnis zu jedem einzelnen Kunden geprüft, z. B. ob er zu einem späteren Zeitpunkt in der Lage wäre, die Rückstände auszugleichen. Der Gesetzgeber stellt sehr viel höhere Anforderungen an die Versorgungsunternehmen: Unzumutbarkeit liegt nur dann vor, wenn die wirtschaftliche Grundlage der Stadtwerke gefährdet ist. Die Ablehnung der Grundversorgung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit unterscheidet sich grundlegend von der Ablehnung des Zurückbehaltungsrechts nach der neuen gesetzlichen Regelung.

Die Stadtwerke müssen daher für jeden Verbraucher oder Kleinstunternehmer, der sein Leistungsverweigerungsrecht geltend macht, stets die wirtschaftlichen Gesamtauswirkungen auf das eigene Unternehmen prüfen. Neben den betriebswirtschaftlichen Auswirkungen müssen auch operativ umsetzbare Arbeitsabläufe entwickelt werden, wie die Anspruchsvoraussetzungen sicher erfasst und dokumentiert werden, um Trittbrettfahrer rasch zu identifizieren.

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